Fuchsbau Festival – kreativ durch die Pandemie

Julia Gause und Jonas Tünnermann im Interview mit Timo Klumpp

„Der Fuchsbau widmet sich seit 2012 zeitgenössischen Fragen, Formaten, künstlerischen Arbeiten, Musik und Abenteuern. Von Performances über bildende Kunst zu progressivem Pop: spartenübergreifend stellt das Projekt erfinderische und kühne Positionen vor. Wir stehen für das Aufbrechen von bestehenden Strukturen. Eine Zelebration von Gemeinschaft, von Gedanken und Ästhetik, aber auch eine ungemütliche Auseinandersetzung mit der eigenen Identität.“ Fuchsbau Festival Auch wenn es in den letzten zwei Jahren auf dem Festivalgelände des Fuchsbaus bei Lehrte still war, so waren es die Macherinnen und Macher eben jenes nicht. Mit Julia und Jonas habe ich über die Projekte, Herausforderungen und Erlebnisse in dieser Zeit gesprochen.

© Jan Helge Petri – Isabel Machado Rios

Wie seid ihr beide zum Fuchsbau Festival gekommen und was sind eure Aufgaben dort?

Julia: Meine Reise zum Fuchsbau hat im Jahr 2016 begonnen. In Leipzig habe ich einen der Gründer des Festivals zufällig getroffen und wurde gefragt ob ich nicht Lust hätte als Volunteer zu helfen. Habe dann am Wochenende im Bereich „Artistcare“ unterstützt und zusammen mit ein paar Freund:innen eine verregnete, aber wunderschöne Zeit gehabt. Darauffolgend habe ich die Möglichkeit meine Masterarbeit über den Fuchsbau zu schreiben zum Thema nachhaltigere Anreise. Seit 2019 bin ich im Kernteam dabei und war zunächst – logischerweise – im Bereich Nachhaltigkeit unterwegs, mache aber inzwischen diverse Themen im Bereich der Produktion. Jonas: Obwohl ich aus der Provinz von Hannover komme, bin ich erst 2019 zum Fuchsbau gekommen. Durch die besondere Festivalerfahrung im Vergleich zu anderen gängigen Musikfestivals, hat es sich von diesen abgesetzt. Die komplexe Mischung aus Input, Hedonismus, Genießen und sich vorausgeben hat es so spannend für mich gemacht. Durch meinen Eindruck von einem so gut geplanten Festival, positiven Erinnerungen, sowie sozialen Verstrickungen bin ich dann zwei Jahre später beim Orgateam gelandet. Da bin ich dann im Bereich des Programms hängen geblieben und mache unteranderem das Musik-Booking, aber auch Pressearbeit.

Wie organisiert ihr euch?

Wir arbeiten schon Remote bevor es cool geworden ist. Dadurch dass wir überall auf der Landkarte verteilt leben und verschiedene Lebenssituationen haben, waren wir schon vor Corona dazu gezwungen uns wöchentlich online zu besprechen. Allerdings versuchen wir uns so alle sechs Wochen auch physisch zu treffen oder zumindest hybrid. Um da dann in jeweiligen Arbeitskreisen, auch mal längere Diskussionen halten zu können und es natürlich auch schlicht schön ist sich auch mal wieder im realen Leben zu sehen.

Was habt ihr die Letzten beide Jahre so gemacht?

Für 2020 war ohnehin schon eine Pause für das Festival auf dem Plan. Ursprünglich war dann noch eine Indoor Veranstaltung in einer bestehenden Location in Hannover geplant, die aber leider den Umständen entsprechend nicht stattfinden konnte. Ansonsten hatten wir dann aber noch ein schönes Crew-Wochenende, wo wir uns als Team zumindest mal wieder sehen durften und darauf hoffen durften das, dass nächste Jahr wieder besser wird.

2021 war dann tatsächlich wieder einiges mehr los. Gestartet sind wir im Juni mit der Veranstaltung „Back to Dance“, bei der wir mit einigen anderen Organisationen mehrere Open-Airs veranstaltet haben. Mal mit, mal ohne Maske oder Alkohol, haben wir dort wichtige Erkenntnisse zum Thema pandemiegerechtem Veranstalten – wissenschaftlich betreut durch ein Forschungsteam der Leibniz Universität Hannover – gesammelt.

© Festival Theaterformen 2021 – Moritz Küstner

Mit dem Festival Theaterformen durften wir im Juli uns dann in ein gemachtes Netz setzen und auf der Hochstraße des Raschplatzes ein Abend mit unserem Programm bespielen. Zum Thema Wellness wurde zu spannenden Diskussionen und guter Musik gelauscht. Außerdem haben wir am nächsten Tag einen Nachmittag mit anderen Veranstaltenden im Club Weidendamm verbracht, wo wir über Awareness bei Festivals und in Clubs diskutiert haben. Dabei stand das Wohlbefinden von Feiernden im Vordergrund und wie wir einen Safer-Space für alle gestalten können.

Unser Highlight war dann im Oktober, wo wir vier Tage lang in den Herrenhäuser Gärten eine 4D-Sound-Anlage mit einer Serie von Konzerten, Performances, Diskussionen und

Kunst in der imposanten Barock-Architektur hatten. Das war glaub ich, einer der wohl rundesten Fuchsbau Momente aller Zeiten. Durch die maximale Größe von 100 Menschen, wobei da dann schon alleine 20 Leute vom Team dabei waren, waren es spektakuläre Veranstaltungen. Heißt super klein und super intensive Momente für alle.

Das hört sich ja insgesamt schon sehr positiv an. Mit was hattet ihr zu kämpfen in dieser Zeit und gab es sowas wie finanzielle Probleme?

Dadurch dass wir als Verein organisiert sind, haben wir wenig bis keine Fix-Kosten und sind dadurch zum Vergleich von anderen Festivals enorm im Vorteil. Wir waren natürlich darauf angewiesen für die Veranstaltungen im letzten Jahr Geld aus Fördertöpfen zu erhalten. So war die Umsetzung dieser nur mit Programmen wie „Neustart Kultur“ möglich. Ansonsten sind natürlich die Preise für Dienstleistungen im Veranstaltungsbereich durch das niedrigere Angebot und der zusätzlichen Unsicherheit wie es denn im Herbst wieder aussieht angezogen. Was für uns aber durch etwas höhere, aber dennoch günstigem Ticketpreis gut umlegbar ist. Die größere Aufgabe war für uns, die Menschen zu motivieren an der Stange zu behalten und das neue einzusteigen. Sodass wir auch genug Leute haben, um ein Festival im August umzusetzen.

Wie schafft ihr es das eure Gäste – trotzt der langen Zeit – euch treu bleiben?

Uns geht es in erster Linie nicht darum das unsere Gäste uns treu bleiben. Denn wir habe so alte Rollenbilder von einer 50-jähirgen langen glücklich anhaltenden Beziehung überwunden. In dieser Metapher ist der Fuchsbau ein Single, welcher einfach jung, sexy und damit attraktiv bleiben will. So dass so die Gäste eine Liebschaft mit dem Festival eingehen wollen.

„Gegen die Zeit“ lautet euer diesjähriges Thema zum Festival. Was wollt ihr damit sagen und auf was dürfen sich die Besucher:innen freuen?

Wir wollen uns gegen die Zeit stellen und uns mit den verschiedenen Zeitverständnissen beschäftigen und diese kritisch hinterfragen. „Wann ist Zeit etwas Variables, Politisches? Wessen Geschichten werden wie erinnert? Über welche Zukünfte können wir jetzt spekulieren? Und wie kann ein umgedachtes Zeitverständnis unsere Leben verändern? Wir erkunden diese Themen in Installationen zu queerer Zeitlichkeit, Workshops zu Afrofuturismus und diskutieren, wie sich Zeitmessung auf unser Verhältnis zum Kapitalismus auswirkt.“ Das Fuchsbau ist seit Jahren Experimentell und deswegen mussten wir auch jetzt in dieser Phase von Pandemie das Rad nicht neu erfinden. So können sich die aufmerksamen Besucher:innen unseres Festivals auf ein großartiges Festival freuen!

Autor: Timo Klumpp

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